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DFP Fachtagung 2018 – Rückblick

von Annette Bruhn

Zur Jahrestagung 2018 hatte der DFP zum zweiten Mal vom 09.bis 10.November ins Gustav-Stresemann-Institut in Bonn eingeladen. Gemäß dem Tagungsmotto „Handlungsfähig im Wandel“ hatte das Vorstandsteam bei der Planung dem Wunsch von Mitgliedern und TeilnehmerInnen Folge geleistet und das Format verändert. So waren für den Samstag zwei Workshopbänder konzipiert und eine außerordentliche Mitgliederversammlung als Diskussionsforum angeschlossen worden. Hier sollte Gelegenheit entstehen, aus den noch frischen Tagungseindrücken heraus Ideen, Wünsche, Vorschläge, Perspektiven direkt einzubringen. Ein weiteres Novum war die erstmalige Zusammenarbeit mit einem Verband aus der AGHPT, in diesem Jahr durch Ute Schickardt aus dem Verband der Logotherapeuten vertreten, die vom DFP eingeladen worden war, gemeinsam mit Anatoli Pimenidou einen Workshop zu gestalten. Inhaltlich an das Thema des Vorjahres anknüpfend, nach der Beschäftigung mit Fakten, Postfakten und Realitäten, wollten wir uns in diesem Jahr nun den Wirkungen und Ausformungen der digitalen Revolution in verschiedenen Bereichen zuwenden und beleuchten, wie sich dadurch Einstellungen und Verhalten Einzelner und Gruppen verändern, z.B. bezüglich Konsum, Selbstoptimierung und Selbstregulation.
Während schon tags zuvor die Weiterbildungskommission kräftig getagt und die Köpfe hatte rauchen lassen, konnten die anderen TagungsteilnehmerInnen gewohnt entspannt am Freitag Mittag bei einem kleinen Willkommensimbiss im Foyer des GSI eintreffen, alte bekannte Gesichter begrüßen, mit neuen und bekannten ins Gespräch kommen oder das reichhaltige Angebot des Bücherstandes in Augenschein nehmen. Mit rund 60 TeilnehmerInnen eröffnete um 15.00 Uhr der 1. Vorsitzende Frank Sielecki die Tagung. Gudrun Koch und Agnes Dudler übernahmen nach den Grußworten die Anwärmung der Großgruppe mit den „Four rooms of Change“ nach Claes Janssen. Durch vier im Kreuz aufgestellte Stellwände, die die vier Phasen der Veränderung: Zufriedenheit/Verleugnung/Verwirrung und Erneuerung räumlich symbolisierten, gab es Gelegenheit für jede/n Einzelne/n, sich durch die entsprechenden Phasen/Räume der Veränderung zu bewegen und dabei den persönlichen Empfindungen nachzuspüren. Die Eindrücke konnten auf den jeweiligen Stellwänden zu Papier gebracht werden, auf denen bereits auch einige typische Glaubenssätze, aber auch typische Störungen und Blockaden zu finden waren.
Derart mit Wandelprozessen und den emotionalen Begleiterscheinungen angewärmt, widmeten wir uns gegen 16.00 Uhr dem spannenden Vortrag Wolfgang Kesslers „Wandel in Permanenz, Unsichtbarer Stillstand“. W. Kessler, Chefredakteur der christlichen Zeitschrift Publik-Forum und Träger des Internationalen Bremer Friedenspreises von 2007, führte uns in die Welt einer entfesselten Wirtschaft, des Turbokapitalismus und der Gefahr des „Verzockens“ unserer Zukunft im „globalen Wachstumswahn“. Nicht ohne uns mit der Vorstellung alternativer Konzepte aus Politik und Wirtschaft auch Hoffnung zu machen, dass Wandel und Umdenken durchaus möglich und erfolgreich sein kann. Beeindruckend waren Beispiele von Ökostromprojekten deutscher und schweizerischer Städte und Gemeinden, einer Gemeinschaftsbank, einer österreichischen Bürgerversicherung, der Entwicklung von Genossenschaften, der Insolvenzabwendung durch Firmenübernahme einer Belegschaft etc. W. Kessler zeigte auf, dass sozial- und umweltgerechteres Wirtschaften bereits auf der ganzen Welt stattfindet und machte Mut, der persönlichen Ohnmacht mit konkreten Utopien zu begegnen. Weiterführendes findet sich auch in seiner Streitschrift „Zukunft statt Zocken“ , Publik-Forum, ISBN 978-3-88095-253-9
Nach einer Kaffee- und Kuchenpause, in der angeregt erste Eindrücke zu den Wandelräumen und zu den Gedanken W. Kesslers ausgetauscht wurden, wechselte Leandra Perrotta mit den TeilnehmerInnen in die Welt des Körperlichen. Als Tanztherapeutin und jungianische Psychodramatikerin war die charismatische Leandra aus Italien angereist , um uns in beeindruckend respektvoller und zugleich aktivierender Weise ihren „Dance of Change“ zu vermitteln. Mit großer Behutsamkeit wurde die Großgruppe eingeführt in die auf theoretischen Entwicklungsvorstellungen C.G. Jung´s aufbauende und in Italien weiterentwickelte praktische Körper- und Tanztherapeutische Arbeit, in der das Selbst leiblich erfahrbar wird. Sicherheit, Stabilität und Bindung als Grundlagen für das Erkundungsverhalten des Kindes, Imagination und Bewegung als Container und Prozess, die zur Veränderung innerer Bilder und zu Mentalisierungen führen, wurden durch Begegnung und Erspüren des eigenen Körpers und im dialogischen Tanz überraschend greifbar, die Resonanz der Körpersprache und die nonverbale basale Ebene der Wandlung und des Wachstums wurden so als ungemein bereichernd und intensiv erlebt.
Wer nach diesem ersten, intellektuell und sinnlich reichhaltigen Tag, sich noch nicht ausreichend gesättigt fühlte, hatte nach dem Abendessen Gelegenheit, der Einladung von Agnes Dudler zu folgen und den Film der Schweizer Filmemacherin über Kindertherapie in Gaza anzuschauen. Ausklang fand der Tag bei Tanz und Begegnung, unterstützt durch DJ Mohamed Ait Haiji.
Der frühe Samstag Morgen startete mit einem griechischen Tanz, vermittelt von Ute Holsinger unter Mitwirkung von Anatoli Pimenidou. Ohne Umschweife bildeten sich nach einer kurzen Vorstellung der ersten 5 WorkshopleiterInnen das erste Workshop Band, um anschließend nach einer kurzen Imbisspause gleich mit 6 weiteren Workshops in das zweite zu gehen. Mit Leandra Perrotta, Monika Jetter-Schröder, Katharina Novy, Dr.Falko von Ameln, Konrad Schnabel und Mihrican Cayakar, Uwe Reineck, Anatoli Pimenidou und Ute Schickardt, Kersti Weiss, Martina McClymont-Nielitz, Gudrun Koch sowie Agnes Dudler konnten die Workshop Angebote eine breite Pallette von Anwendungsbereichen des Psychodramas abdecken und thematisch die Handlungs- Wandlungsprozesse in Therapie, Kindertherapie, Beratung, Pädagogik, Organisation, Supervision, eingehend untersuchen. Die Workshop Inhalte können noch einmal auf der Homepage im Tagungsprogramm nachgelesen werden.
Die Präsentation der szenischen Bilanzen, die im Anschluss in Kleingruppen als Vignetten dem Plenum vorgeführt wurden, beendeten das Tagungsprogramm.
Wer nach dem Dank und der Verabschiedung durch den Vorstand gegen 15.00 Uhr nicht eilig abreisen wollte oder musste, hatte noch Gelegenheit, in dem sich anschließenden Diskussionsforum die Resultate der Tagung und Impulse für den Verband und zukünftige Tagungen zu diskutieren. So fanden sich gut ein Drittel der TeilnehmerInnen zu einer produktiven Austauschrunde zusammen, um gegen 16.00 Uhr endültig müde, aber erfüllt die Heimreise anzutreten.